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📺 MDC-Lecture: Vishva Dixit über Zelltod und Sepsisbekämpfung

Die Forschung in der Biomedizin schreitet schneller voran, als die Lehrbücher es abbilden könnten, sagt Dr. Vishva Dixit. Der Forscher ist Vize-Päsident von Genentech, San Francisco, der zweitgrößten Biotechnologiefirma der Welt. Als Gastredner der MDC-Lecture vom 20. September sprach er vor einem vollen Saal über seine Forschung zum programmierten Zelltod und Perspektiven für die Behandlung der Sepsis.
MDC-Vizevorstand Prof. Thomas Sommer und Dr. Vishva Dixit. Foto: Redaktion, MDC

Wer könnte besser einen erschöpfenden Überblick über das Thema „Zelltod“ geben, als Vishva Dixit? Der Wissenschaftler folgte der Einladung des MDC-Vizevorstands Prof. Thomas Sommer und sprach in seiner MDC-Lecture mit dem Titel „Why so many ways to die? The Non-canonical Inflammasome Pathway“ ein zentrales Phänomen des Lebens an: Den Tod, genauer, den programmierten Zelltod.

Dixit ist vom Tod fasziniert

Dixit ist Sohn indischer Ärzte und wuchs in Kenia auf. Schon früh war er vom Sterben fasziniert, wie er dem Fachjournal Nature in einem Interview verriet. Er ließ sich in Nairobi zum Pathologen ausbilden und wechselte 1980 in die Grundlagenforschung, weil er sich von seiner Arbeit so mehr Wirkung erhoffte. 1986 verließ er die Washington State University und baute an der University of Michigan Medical School sein eigenes Labor auf. Dort stürzte er sich Anfang der Neunziger in das Thema des programmierten Zelltods (Apoptose), über das damals wenig bekannt war.

Seitdem hat der Wissenschaftler eine Reihe von Durchbrüchen auf dem Gebiet erzielt und detailliert die Kaskade zellulärer Signale aufgeklärt, die der Apoptose vorangeht. Seine Arbeiten – über Toll-Like-Rezeptoren, die Teile von Bakterien detektieren, das Inflammosom, dass diese Signale im Zellinneren verstärkt und weiterleitet und Caspase-Proteine, die den Zelltod unumkehrbar anstoßen – sind grundlegend und wurden zehntausende Male zitiert. Seit 1997 ist Dixit Vizepräsident der Biotech-Firma Genentech. Obwohl Dixit nicht mehr in der akademischen Wissenschaft arbeitet, widmet er sich immer noch grundlegenden Fragen, um letztlich genau das zu bekämpfen, wofür er sich am meisten interessiert – den Tod.

Apoptose, der programmierte Zelltod

Das gezielte Abtöten von Zellen dient unter anderem der Bekämpfung von Infektionen im Körper, aber beim septischen Schock kann dieser Vorgang lebensbedrohlich werden. Sechs Millionen Menschen fallen dieser Krankheit weltweit jährlich zum Opfer. Doch die pharmazeutische Forschung zur Sepsis tritt seit Jahren auf der Stelle. Nach mehr als 60  fehlgeschlagenen klinischen Studien, die viele Milliarden Dollar verschlungen hätten, gäbe es kaum Fortschritt, berichtete der Wissenschaftler.

Ein Grund ist, dass die viele Grundlagen immer noch schlicht unbekannt sind, und immer wieder neue Akteure im zellulären Proteinreigen des Todes entdeckt werden. „Im Rückblick erscheint vieles offensichtlich, doch damals hatten wir tausende Kandidaten“, sagt er zu einem Forschungsprojekt, das einen kürzlich noch unbekannten „Nicht-kanonischen Inflammosom-Signalweg“ um das todbringende Molekül Caspase-11 aufdeckte.

Das Molekül wird aktiviert, wenn Teile der Bakterienhülle ins Zellinnere gelangen, was bis vor kurzem unbekannt war. Die Zelle kann also auf mehr als eine Weise sterben, was für die Medikamentenforschung ein wesentliches Problem darstellt. Und noch immer sind wichtige Teile dieser Signalkaskade unbekannt, wie etwa der molekulare „Sensor“, der die Bakterienbestandteile bindet.

Der MDC-Forscher Prof. Klaus Rajewsky hätte zu ihm im Scherz gesagt „Wenn du den Sensor für gefunden hast, dann lade ich dich ans MDC ein“, sagte er. Nun sei er doch gekommen, ohne dieses enigmatische Molekül gefunden zu haben, entschuldigte er sich. Der volle Saal voller Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sah ihm das gerne nach.

Weiterführende Informationen

Ähnlicher Vortrag, am Walter and Eliza Hall Institute. Dixit V (2015): Lessons from death – the inflammasome and beyond