Gisela Krebs

Trauer um Stifterin Gisela Krebs

Die Beschäftigten des Max Delbrück Center und des Experimental and Clinical Research Center trauern um Gisela Krebs, die im Alter von 91 Jahren gestorben ist. Seit 2015 unterstützt ihre Stiftung die Erforschung von Muskelkrankheiten.

Wenn ein Leben zu Ende geht, fragen sich die Hinterbliebenen: Was bleibt? Für diejenigen, die der Verstorbenen nahestanden: gemeinsam Erlebtes. Erinnerung. Zuneigung. Im Fall von Dr. Gisela Krebs, die am 6. März 2023 im Alter von 91 Jahren in Köln gestorben ist, bleibt für die Nachwelt viel mehr: Sie hat dazu beigetragen, dass bislang unheilbare Muskelkrankheiten gelindert werden können. Zu diesem Zweck hat Gisela Krebs im Alter von 84 insgesamt 600.000 Euro aus ihrem Vermögen in eine Stiftung überführt und dem Max Delbrück Center gewidmet. Ihr Ziel: Gisela Krebs wollte die Erforschung neuer Therapieansätze für Muskeldystrophien unterstützen. Über die Jahre flossen weitere großzügige Spenden von anderen engagierten Menschen ein, sodass insgesamt zwei Million Euro zur Verfügung standen. Insgesamt zehn Jahre lang, also noch bis zum Jahr 2025, kann das Stiftungsgeld eingesetzt werden. Der Wunsch der Stifterin war, dass die Summe bis dahin aufgebraucht sein wird.

Familie mit Wissenschaftstradition

Gisela Rose Marie Krebs, so ihr voller Name, stammt aus einer Familie, in der Wissenschaft und Medizin Tradition haben. Der Vater war angesehener Arzt in Hildesheim. Ihr fast drei Jahrzehnte älterer Bruder Hans Adolf Krebs, Mediziner, Internist und Professor für Biochemie, erklärte mit seiner Entdeckung des Citrat-Zyklus die Zellatmung und erhielt dafür 1953 den Nobelpreis. Sein Sohn, Lord John Richard Krebs, wiederum ist ein erfolgreicher Zoologe und Verhaltensforscher an der University of Oxford. Und Enkelin Sally Lowell arbeitet als renommierte Entwicklungs- und Stammzellbiologin an der University of Edinburgh.

Dass die Familie heute überwiegend in Großbritannien angesiedelt ist, hat seinen Grund in der deutschen Geschichte. Die Familie Krebs war jüdisch. Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten wurde dem damals schon international anerkannten Forscher Hans A. Krebs die Lehrbefugnis entzogen. Krebs verließ Deutschland bereits Mitte 1933 und ließ sich in zunächst in Cambridge, später in Oxford nieder.

Falsche Identität im Nationalsozialismus

Gisela, geboren am 21. Februar 1932, war die einzige Tochter aus der zweiten Ehe ihres Vaters mit einer katholischen Lehrerin. 1937 wurde sie von den Eltern zu ihrem Bruder Hans nach England geschickt, wo sie auch die Schule besuchte. Die Sommerferien 1939 verbrachte sie in Hildesheim. Die Fahrkarte zurück (1. September 1939) war schon gekauft, aber der Kriegsbeginn vereitelte ihre Rückkehr. Als Halbjüdin wurde Gisela am „Rassenhygienischen Institut" in Köln untersucht. Ihre Mutter griff zu einer Notlüge und ein Freund der Familie erklärte, ihr Vater zu sein. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte Gisela Krebs Wirtschaftswissenschaften und promovierte in diesem Bereich. Verheiratet war sie später in Israel, wo auch ein Teil ihrer Familie lebt. Ihre berufliche Laufbahn beendete sie in Köln als Professorin für Finanzwesen.

„Eine mutige und kluge Frau“

Gisela Krebs hatte es sich mir ihrer Stiftung zur Aufgabe gemacht, das medizinische wissenschaftliche Vermächtnis der Familien zu erhalten und „Ererbtes sinnvoll weiterzugeben“. Und das ist gelungen: Nutznießerin der Stiftungsmittel am Max Delbrück Center war die Arbeitsgruppe von Professorin Simone Spuler, insbesondere Dr. Helena Escobar. Deren Arbeit wurde in den vergangenen Jahren mit Mitteln aus der Gisela Krebs-Stiftung gefördert. Escobar arbeitet an einer Methode, mit der Mutationen, die zu Muskelschwund führen, mit der Genschere CRISPR/Cas9 repariert werden. Gemeinsam mit Kolleg*innen hat die ECRC-Forscherin das Werkzeug im vergangenen Jahr erstmals mit mRNA in menschliche Muskelstammzellen eingeschleust. Eine Methode, die sich therapeutisch nutzen lässt. „Ohne die Spende dieser mutigen und klugen Frau und ohne die so entstandene wissenschaftliche Freiheit hätten wir das nie geschafft“, sagt Simone Spuler. Gisela Krebs sei Dank.